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Ziegen knabbern die Landschaft frei |
April
2011
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Für das Bergwaldprojekt ist es eine Ausweitung ihres Stiftungszwecks: Einmal nicht den Wald pflegen, sondern ihn zurückdrängen. Weil dies innerhalb der Stiftung nicht ganz unumstritten ist, erhält der das Projekt Pilotcharakter. Den ganzen Sommer durch arbeiten 5-6 Freiwillige pro Woche auf der Alp, sägen junge Tannen ab, machen Wege frei, helfen beim Ziegen hüten. Einmal wird die Ziege nicht als Feind des Waldes gesehen, sondern es wird mit ihr zusammen Landschaftspflege betrieben.
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Die Alp Puzzetta ob Fuorns im Val Medelwurde bis 1987 mit über 400 Ziegen und 50 Kälber bestossen. Im Sommer 87 spülte ein Unwetter die Kälberweide weg. Dafür gabs im Jahr 2000 eine Strasse auf die Alp und eine Melkmaschine für die Älpler sowie einen provisorischen Melkstand. Fünf Jahre später wurde die Alp mit einem Neubau hygienetechnisch europatauglich gemacht. Soweit alles nach Plan, nur die Ziegenanzahl nimmt Jahr für Jahr ab. Waren es 2005 noch 340 Stück, wurde die Alp letztes Jahr mit 170 Stück bestossen. Die Gründe mögen vielfältig sein: CAE-Sanierung, weniger Bauern, dafür grössere, spezialisierte Betriebe. Die Geiss hat bei den Bauern immer noch den schlechten Ruf, die Kuh des armen Mannes zu sein. Und wenn im Tal wenig Ziegen gehalten werden, ist es auch schwierig, welche für die Alp zu bekommmen. |
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Die Sömmerungsbeitragsverordnungschreibt vor, dass 75% der jeweiligen Bestossungszahl einer Alp erreicht werden muss, sonst werden die Beiträge gekürzt. Mit gekürzten Beiträgen zu alpen ist noch schlimmer als ohne Ziegen. Über den regionalen Förster Corsin Flepp fanden sich das Bergwaldprojekt und die Alpgenossenschaft zusammen, um gemeinsam ein Projekt zu starten, das der Alp Puzetta wieder Auftrieb verschaffen soll: Ziegen und BergwaldprojekthelferInnen gegen die Einwaldung der Alp. Jedes Jahr hole sich der Wald im Val Medel die Fläche von vier Fussballfelder zurück, wie der Talförster Corsin Flepp erklärt. In der Höhe schreite die Verbuschung zwar langsamer voran, aber auch auf der Alp Puzetta wächsenn freie Weideflächen mit Erlen oder Tannen wieder zu. Die Alp bräuchte mehr Ziegen und Rinder, um die Weide offen zu halten. Oder eben Freiwilligen mit einer Säge in der Hand. |
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Und so ist es organisiert:Das Bergwaldprojekt stellt Koch und Hirt an, die Alpgenossenschaft den Senn. Die Stiftung subventioniert somit das Personal, was der Genossenschaft zugute kommt. Zudem organisiert sie die freiwilligen HelferInnen. Diese verpflichten sich für mindestens zwei Wochen. Für das Alppersonal ist die allseits volle Belegung eine Herausforderung. Die Freiwilligen helfen zwar bei der Alparbeit, sind aber mit ihrer Unerfahrenheit, ihren Fragen, ihrem Rumstehen auch eine Belastung und Behinderung. Wie der Geschäftsführer des Bergwalprojekts, Martin Kreiliger, erzählt, ist es für die Freiwilligen eine allseits intensive Erfahrung, den Alpbetrieb kennen zu lernen, und so fliesst beim Abschied manche Träne. Gut möglich, dass aus den alpschnuppernden HelferInnen für spätere Jahre ÄlplerInnen werden. |
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Das Pilotprojekt wird auch diesen Sommer weitergeführt.Wie lange, weiss Kreiliger noch nicht. Die Bauern müssen eben mitmachen. Es gibt auch Stimmen, die am Stammtisch wäffeln, das Bergwaldprojekt verheize ihnen die guten Sennen durch die vielen Leuten auf der Alp. Doch Kreiliger will weitermachen, hat seine Liebe zu den Ziegen gefunden, studiert an Verbesserungen bei der Organisation nach und möchte den Freiwilligen den Freitag streichen. Diese gewerkschaftliche Idee hat auf der Alp nichts zu suchen, wenn die Ziegen abhauen, Zäune zu flicken sind, dann gibt es keinen Freitag, dies sollen auch die Freiwilligen erfahren |
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Eine kurze Bemerkungzu den Begriffen Pilotprojekt und Biodiversität. Auf vielen Pacht- und Privatalpen ist es Pflicht die Weide zu pflegen, also Blacken und Germer schneiden, aufkommenden Wald zu kappen. Weidepflege gehört zur Alparbeit und ist in vielen Kantonen im Pachtvertrag der Alp festgeschrieben, das ist weder Pilot noch Projekt noch primär Biodiversität. In Graubünden herrschen die Genossenschaftsalpen vor. Hier sind für die Weidepflege nicht die ÄlplerInnen, sondern die Bauern zuständig. Der Strukturwandel wirkt sich negativ aus: Immer weniger Bauern haben immer mehr Tiere zu füttern und grössere Heuflächen zu bewirtschaften. Sie vermögen der Fronarbeit auf den Alpen kaum nachzukommen. Es scheint, dass hier die Öffentlichkeit mithelfen muss. Oder wie es Valentin Lutzi vom Amt für Landwirtschaft und Geoinformation ausdrückt: Wo der Manpower der Landwirtschaft nicht mehr ausreicht, ist die Landschaft auf Hilfe angewiesen. Bevölkerung und Touristen geniessen eine offene und vielfältige Landschaft mehr, als einen dunklen Wald. |
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Mehr Infos zu den Einsätzen auf der Alp Puzetta mit Filmen, Bildern und |
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